Sonntag, 16. September 2012

Die Flussbadeanstalt Rummelsburg

Baden in der Spree... Was heute nach einer Mischung aus utopisch und eklig klingt, war bis zur Mitte des 20. Jahrhunderts Realität in Form der Städtischen Flussbadeanstalten entlang der Spree. Eine ganz große und besondere war jene in der Rummelsburger Bucht, ein fast vergessenes Areal, das gerade zu neuem Leben erwacht...

Quelle: Spreestudios
Anlässlich des Tag des Offenen Denkmals 2012 haben wir uns Sonntag an die Rummelsburger Spree begeben und uns die ehemalige Städtische Flussbadeanstalt Rummelsburg genauer angesehen – eines meiner Lieblingsobjekte im Lichtenberg zu Beginn des 20. Jahrhunderts.
An der Köpenicker Str. 1-4, also direkt neben dem Kraftwerk Rummelsburg, liegt das Gelände der ehemaligen Flussbadeanstalt. Nähert man sich dem Ganzen von der Straße, sieht man lediglich Ruinen, die mehr nach Industriebetrieb als nach Freizeitvergnügen aussehen. Hinter einem frisch angelegten Kreisverkehr befindet sich vor dem ehemaligen Wirtschaftsgebäude der Eingang zum heutigen Gelände, das hauptsächlich von Künstlern genutzt wird. Insgesamt strahlt uns eine sehr entspannte, ruhige Atmosphäre entgegen, es ist ein warmer Spätsommertag, man merkt die Wassernähe und die hintergründige Musik trägt ihr Übriges zur Gemütlichkeit bei. Zwischen all der Kunst sind kleine Tafeln liebevoll aufgebaut, die über die Historie der Flussbadeanstalt aufklären.

Damals...


Quelle: Spreestudios
Solche Anstalten gab es nämlich schon seit circa 1800, das Schwimmen diente der sportlichen Ertüchtigung, die wiederum ähnlich wie alle damals eingeführten Sportarten die Wehrfähigkeit der jungen Männer erhöhen sollte. Um 1905 betrieb die Stadt Berlin 15 Flussbadeanstalten, darunter sogar einige direkt in der Stadt wie beispielsweise die Pochhammersche Badeanstalt an der Jannowitzbrücke und eine direkt an der Oberbaumbrücke. Das Rummelsburger Flussbad wurde in den Zwanziger Jahren ausgebaut, vermutlich weil 1925 alle innerstädtischen Anlagen aufgrund der hohen Bakterienbelastung geschlossen werden mussten. Von 1925 bis 1927 erfolgte der Ausbau unter dem Architekten Rudolf Gleye und mit 17.000 Besuchern war es schnell eines der größten Flussbäder Berlins. Das Besondere:
Vom benachbarten Heizkraftwerk Rummelsburg wurde der Kühlwasserablauf genutzt, um das Flusswasser durchgehend auf angenehme Temperaturen um die 30°C zu erwärmen. Gerade bei einem Sommer wie diesem eine überaus nützliche Angelegenheit!
Nach dem Krieg wurde das Areal vom Zoll genutzt, nach der Wende gar nicht mehr. Doch seit fast zwei Jahren  wird das Areal von den Spreestudios genutzt, die hier Studios und Ateliers für Künstler anbieten und es  vor dem Verfall bewahren. Die Kunst und die halbverfallenen Gebäude profitieren meiner Meinung nach erheblich voneinander; Künstlerische Installationen geben dem Verfallenden etwas Romantisches und die beinahe-Ruinen bilden eine ganz besondere Kulisse für die Skulpturen, Bilder und Chill-Out-Areas. Für die Zukunft planen die Kunstfreunde diesen n Ort zu einer urbanen Insel zu entwickeln, auf der Künstler und Kreative moderne und andersartige Innen- und Außenräume finden. Die besondere Lage zwischen Stadt und Peripherie und zwischen Industrie und Natur ist ideal für die Entwicklung kreativer Ideen.

Zurück zum maritimen Erbe


Gleich nebenan befindet sich die  sogenannte CityMarina, ein privater Hafen inklusive Selbsthilfewerft (eine wirklich schöne Idee!). Daneben und damit direkt am Spreeuferwanderweg gelegen befindet sich seit Mai 2011 das kleine, aber sehr besondere Restaurant Hafenküche, mit wirklich ansprechender Atmosphäre, liebevoller Küche und gemütlichem Wasserblick. Sowohl Marina als auch Restaurant ergänzen den überaus spannenden Plan, das Gelände der Spreestudios zu einem „zu einem Ort für Bootsbau, -restaurierung und -handel historischer Schiffe“ zu entwickeln. Das um die Marina entstandene bzw. im Entstehen begriffene Gewerbegebiet ist ganz offenbar ein wichtiger Schritt auf dem Weg dahin, einige auch bekannte Unternehmen haben sich bereits angesiedelt.

Wieder Baden in der Spree?


Doch was wäre eine ehemalige Flussbadeanstalt ohne die Aussicht auf ein mögliches Bad im Fluss? Ein ganz persönlicher Traum von mir, zumal an diesem einzigartigen Ort! Das möglich zu machen, hat sich das Projekt Spree2011auf die Fahnen geschrieben, bestehend aus einer Gruppe von Ingenieuren, die derzeit an einer Möglichkeit arbeitet, die Spree wieder sauber genug zum Baden zu machen. Die großen industriellen Verschmutzungen gehören schon lange der Vergangenheit an, wirklich Probleme bereitet die Kanalisation, die bei starkem Regen regelmäßig überläuft und so die Abwässer in die Spree führt. Das Projektteam hat zur Lösung dieses Problems eine neuartige Technik entwickelt, die ich ehrlich gesagt nicht komplett verstanden habe, die aber auf der Internetseite ausführlich erklärt wird. :) Auf jeden Fall ist dies aber ein großartiges Projekt, denn was gäbe es schöneres als eines Tages wieder in einem Flussbad in der Spree zu plantschen?!

Diese und weitere selbstgemachte Impressionen gibt's bei Flickr auch als Bildergalerie:
http://www.flickr.com/photos/in-lichtenberg/sets/72157631513870601/

Quellen und weiterführende Links

Spreestudios - die gegenwärtigen Nutzer des Areals
die Kunstfreunde - das Projekt hinter den Spreestudios
Hafen und Hof - die Betreiber des Gewerbehofes
CityMarina - der Privathafen
Hafenküche - das Restaurant mit dem sympathischen Motto: "Wir kochen auch nur am Wasser"
Spree2011 - das Projekt zum Wieder-in-der-Spree-baden

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